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Chris Beier, Klavier
im Kallmannmuseum in der Orangerie Ismaning,
Freitag, 1.Oktober 1999 Veröffentlicht in der
Süddeutschen Zeitung
Neueste Nachrichten Landkreis München-Nord, 04. Oktober 1999
copyright
© 1999 Wolfgang M. Seemann
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Zarte
Impressionen stets zerfließender Zeit Der virtuose Jazzpianist Chris Beier lässt sich von der Spätromantik inspirieren und schafft Klangbilder enormer Ausdruckskraft Ismaning - Wenn man Farben hören will, dann geht man ins Museum. Zum Beispiel ins Kallmann-Museum in der Ismaninger Orangerie! Denn dort gibt es die Konzertreihe „Jazz im Museum", die musikalische Farben für das Ohr wahrnehmbar macht. Am Freitag gastierte dort der Nürnberger Pianist Chris Beier und erfreute das Publikum mit seiner expressiven Kunst der Tonmalerei. Fast 20 Jahre ist es her, dass Chris Beier mit seiner Soloeinspielung von John Coltranes „Giant Steps" seine erste größere Aufmerksamkeit als Jazzpianist erringen konnte. Noch immer nennt der Wahlnürnberger John Coltrane und vor allem dessen Pianisten McCoy Tyner als seine musikalischen Impulsgeber. Doch wenngleich Beier seine wuchtige „Ode to McCoy Tyner" auch heute noch gerne an den Schluss seiner Solokonzerte setzt, hat sich der Pianist, Komponist und Jazz-Dozent für seine eigne Musik längst einen unvergleichbaren ureigenen Stil erschaffen. Beier ist Tonkünstler im wahrsten Sinne des Wortes, denn er versteht es, mit Tönen zu malen. Mit vollgriffigen Mixturklängen schichtet Chris Beier wuchtige Klanghaufen auf, die dann in einem steten Wechselspiel von Harmonie und Disharmonie, Spannung und Entspannung, klirrend in sich zusammenfallen. Hier sind es feine Linien aus zartem Schwung hingeworfen, fast nur skizziert, dort sind es pralle und satte Farbwolken, die alles Kleinleben überrollen und in sich hinein aufsaugen. Die Konzertreihe in der Ismaninger Orangerie ist ja zumindest unter Insidern schon bekannt für ihre besondere Qualität des hautnahen und ungetrübten Musikgenusses. Doch selten hat sich ein Musiker dort derart feinfühlig mit den ihn umgebenden Basiselementen der Kunst verschmolzen, mit Farbe und Gestaltungskraft, mit Abstraktion und dem ewigen Bestreben nach erlösender Harmonie. Ein chromatischer Kosmos Chris Beier ist in erster Linie Harmoniker, er scheint sich in einem schier grenzenlos anmutenden chromatischen Kosmos zu bewegen. Die rhythmische Intensität, die ja eigentlich eine der wesentlichen Komponenten der Jazzmusik darstellt, tritt hinter Beiers Farbenspiel deutlich zurück, ja reduziert sich bisweilen gar nur auf das Minimum eines Impulses zur schlichten Vergegenwärtigung der stets zerfließenden Zeit. In Beiers Klavierspiel lösen sich die Grenzen zwischen Jazz und Klassik auf, insbesondere die Spätromantik und der Impressionismus scheinen sich Beier als einen unerschöpflichen Quell der Inspiration anzudienen. Nicht nur mit seinem "Blues für Miró" hatte Chris Beier Musik fürs Museum mitgebracht. Vor dem inneren Auge bildlich sichtbar wurde beispielsweise das faszinierende Spiel von Wind und Wellen in seiner Hommage an den Golf der "Biskaya". Und auch in seiner Hörspielmusik "Tears of a Doll" inszenierte Beier faszinierende Traumbilder von philosophischer Dimension. Fast zwei Stunden hatte sich Beier - teils mit frappierender Virtuosität - durch die Tasten des Klaviers gepflügt, als er zur Zugabe ganz still und bescheiden wurde: "Voyage", der Titelsong seiner jüngsten Solo-CD. Man fühlte sich noch einmal an den viel zu früh verstorbenen Eric Satie erinnert. Wenig Material, viel Fläche, enorme Tiefe! Auch diese sanfteste aller Melodien bekam unter Beiers Händen einen Touch voller Reiz und Raffinesse. Fein! WOLFGANG
SEEMANN
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