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Jazzkritiken und Literatur
Thomas Zoller & Frank Möbus
(30.04.1999, "Kallmann-Museum" Ismaning)


Veröffentlicht in der Süddeutschen Zeitung
Neueste Nachrichten Landkreis München-Nord vom 04. Mai 1999

copyright © 1999 Wolfgang M. Seemann


Ismaning - Musik in einem Museum ist etwas wunderbares, weil sie die optische Wirkung der in sich starren Momentaufnahmen einer Kunst sowohl um eine bewegliche als auch um eine akustische Komponente ergänzt. Der Baritonsaxophonist Thomas Zoller schätzt dieses Ambiente, wie es das Kallmann-Museum in der Orangerie in Ismaning bietet. War Zoller vor zwei Jahren schon einmal mit Wolfgang Lackerschmidt im Kallmann-Museum zu Gast, so brachte er nun am Freitag den profilierten Berliner Jazzgitarristen Frank Möbus zu seiner Performance mit.

Der kleine Museums-Saal bot wie gewohnt nur einer kleinen, erlesenen Jazzgemeinde Platz, aber für die Musiker stellten sich die gut 30 Zuhörer als ein ehrliches Publikum dar, das bewußt an diesen Ort der modernen Kunst gekommen war, um neues in der musikalischen Kunst kennzulernen. Zoller und Möbus nutzten diese Chance und stellten im wesentlichen ein Programm aus eigenen Kompositionen zusammen, in denen sie die Grenzen zwischen neuer Musik und Jazz aufzubrechen suchten. Die anspruchsvollen musikalischen Themen mochten im ersten Ohrenschein dann mitunter auch etwas spröde und fremd anmuten, aber in den improvisatorischen Teilen begann die Musik sehr bald zu swingen.

Die Kombination von Gitarre und Baritonsaxophon erwies sich gerade auch für freie künstlerische Improvisationen als sehr geeignet. Thomas Zoller konnte über den rhythmischen Impulsen der Gitarre feine Soli spinnen. Sein weicher, anschmiegsamer Saxophonton ließ viel Luft nebenher entweichen, die inbesondere den höheren Klangregistern viel eigene Klangfarbe mit auf den Weg gab. Mit figurativen Spielelementen, wie man sie auch von Zollers Munich Saxophone Family kennt, schuf der Bläser dann auch immer wieder eine rhythmischen Groove, über den Frank Möbus solistische Geläufigkeit entfalten konnte.

Hatte Frank Möbus anfangs noch etwas Probleme seinen kleinen Gitarrenverstärker auf die exzellente Raumakustik abzustimmen, so konnte doch gerade  seine Kunst, jeden einzelnen Ton mit Hilfe des Fußpedals dynamisch zu variieren, überzeugen. Man empfand schnell Sympathie mit dem fränkischen Humor des heute in Berlin lebenden , ehemals Nürnberger Gitarristen. Als Spielwitz fand diese fröhliche Lebensart Eingang in die Kompositionen von Möbus. Ein Stück, das Möbus dem musikalischen "Kenner" gewidmet hat, nannte er schlicht "Konäsör", um einerseits sich selbst und andere nicht mit der vielleicht etwas komplizierteren französischen Schreibweise zu belasten, andererseits auch, um die nordische Kühle des musikalischen Temperaments des Titels mit einer Assoziation an finnische Sprache äußerlich darstellen zu können. Auch mit seinem Titel "Schleckereien auf der Flucht" wählte Möbus ein wunderschönes sprachliches Bild, um die in eine treibende Unrast eingebetteten so wundersamen harmonischen Gebilde, die er als Schleckereien empfindet, zu charakterisieren.

Mit dem Fats-Waller-Klassiker "The Joint is Jumping" griffen Thomas Zoller und Frank Möbus zwischendurch ausnahmsweise auch einmal einen Standard auf - ein Stück, das man jedoch bestenfalls als einen Feger für große Besetzungen im Ohr haben dürfte und dessen kreative Reduktion auf eine Duoversion entsprechend überraschte. Zur Zugabe kehrten beide Musiker noch einmal zur Tradition zurück und zollten dem großen Duke Ellington zu dessen 100. Geburtstag ihren Tribut. Es war ein schönes Konzert, das diese eigene feine Note einer künstlerischen Exklusivität der kammermusikalischen Jazzreihe im Kallmanmuseum einmal mehr bestätigen konnte.
WOLFGANG SEEMANN



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